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Wir fragten Mattschö Stevens:
Welchen
Stellenwert hat für Sie Karneval?
"Karneval hat für mich einen großen Stellenwert, weil in
dieser Zeit viel gelacht wird. Und Lachen gehört zum Leben. Lachen
hat etwas Befreiendes. Ich zitiere gerne die Heilige St. Anna:
„Bringt die Leute zum Lachen!“
Wann hatten Sie
zum ersten Mal Kontakt mit dem Aachener Karneval?
"Ach du lieber Gott, da war ich noch Kind. Meine Mutter
backte früher zu Karneval immer Puffel. Ich weiß noch, dass ich
bereits 1928 - also mit vier Jahren - immer als August aufgetreten
bin - später dann als Cowboy. Als August hatte ich ein Köfferchen
dabei, da waren die Puffel drin, die ich immer mitnahm."
Sie schauen auf
viele Jahre des karnevalistischen Geschehens zurück. Wie feierten
unsere Mütter und Väter den Karneval in Aachen?
"Mein Vater - zum Beispiel - war ein lustiger und
lebensfroher Mann, der sich mit seinem Schwager immer kostümierten,
ohne vorher hierfür etwas zu kaufen. So zogen Sie zu Karneval los
und hatten ihre Freude, ganz zum Leidwesen meiner Mutter. Ich kann
mich noch gut erinnern: Ich hatte damals ein Schaukelpferd mit Kufen
und Rädern, und mein Vater hatte sich im Gesicht weiß geschminkt,
warf sich weiße Betttücher um. Mein Vater saß auf meinem
Schaukelpferd und mein Onkel zog ihn. Mein Onkel hatte sich schwarz
gekleidet, er war dann Vaters Diener. Und meine Mutter und ich
gingen auf der anderen Straßenseite. Sie wollte nicht erkennen
lassen, dass wir zu diesen Jecken gehörten. Sie ging ja auch nur
mit, damit das Schaukelpferd anschließend wieder zurückkam. Mein
Vater und mein Onkel banden das Pferd dann immer an einer Laterne
fest, gingen in die Kneipe und tranken sich dann ihre Bierchen, und
dann zogen sie weiter. Das Schaukelpferd habe ich danach nie mehr
gesehen. Das war auch dann mein erster Kontakt zum Aachener
Reitturnier!"
Als Ur-Karnevalist mit vielen guten Ideen kreieren Sie jährlich das
Motto des Märchenprinzen und auch viele Aachener Orden. Woher kommt
die enorme Kreativität, immer etwas Neues zu entwerfen?
"Ich hoffe, dass es immer etwas Neues ist - und dass es
jung und neu bleibt! Jedenfalls gebe ich mir Mühe. Ich arbeite
daran."
Nicht nur im
Karneval haben Sie im wahrsten Sinne des Wortes Zeichen gesetzt. Sie
waren auch an andere Stelle für das kulturelle Geschehen in unserer
Stadt tätig. Hat das etwas damit zu tun, dass Sie sich auch heute
noch im Karneval kreativ betätigen?
"Kreativität ist mein Beruf. Wer am Theater nicht kreativ
und aufgeschlossen ist, der hat seinen Beruf verfehlt. Und den
Ideenreichtum, den das Theater in sich hat, kann ich doch locker
auch auf den Karneval übertragen."
Von der „großen
Bühne“ zur Puppenbühne „Öcher Schängche“. Was will beziehungsweise
kann uns dieses Puppentheater heute noch sagen?
"Das Puppentheater - so denke ich - soll die Jugend an das
Theater heran führen. So kann sich das Gedankengut der Jugendlichen
entwickeln. Viele Leute sagen, sie können die Stücke beim Öcher
Schängche nicht verstehen, weil zuviel Aachener Dialekt (Öcher
Platt) gesprochen wird. Das stimmt so nicht. Man merkt es an den
Reaktionen der Kinder. Die Kinder haben meistens das Stück eher
begriffen, als die meisten Erwachsenen. Zum „Verstehen“ spielt das
Visuelle und die Ausstattung eine ganz große Rolle. Die kindliche
Seele löst sich, sie wird durch Lachen befreit."
Mit Ihren
Bühnenbildern haben Sie in künstlerische Weise ein reduziertes
Abbild der Wirklichkeit geschaffen. Sie bescheren dem Geschehen auf
der Bühne den Hintergrund. Mit den früheren Mottowagen im Karneval
wurde auch das Geschehen dargestellt und zugleich zur kritischen
Auseinandersetzung damit aufgerufen. Fehlen dem Karneval heute
dieser kritische und zugleich kreative Aspekt? Vermissen Sie das?
"Unbedingt! Es ist heute aber jedem klar, dass es finanziell
nicht mehr machbar ist. Heute ist es mit dem Etat, den der Aachener
Karneval zur Verfügung steht, nicht mehr machbar. Heute fehlen auch
die Leute, die sich um die Mottowagen kümmern wollen. Aber ich
denke, die würde man heute wieder finden. Damals hatte Helmut Crous
die Idee, einen „Wagenteam“ zu installieren. In dieser Gruppe wurden
zwei Journalisten und vier Grafiker beziehungsweise Maler berufen. Heute bin ich
noch der einzige Überlebende."
Ist in Ihren
Augen der Karneval noch zeitgemäß?
"Mehr denn je! Wenn ich das „Lachen“ als die Spitze der
karnevalistischen Übungen setze, brauchen die Menschen heute das
Lachen mehr als zu jeder anderen Zeit."
Ist uns der
Karneval zwar lieb aber zu teuer?
"Wieso zu teuer? Man kann doch mit wenig Aufwand sich selbst und
anderen eine Freude machen."
Wie sehen Sie
die Zukunft des Karnevals in Aachen?
"Die Zukunft ist gut. Ich sehe es ja auch daran, wie viele
Karnevalsvereine sich in der letzten Zeit gegründet haben. Die
etablierten Vereine lassen die Hoffnung zu, dass der Karneval immer
bestehen bleibt. Jedenfalls wäre dies mein Wunsch. Und was ich dafür
tun kann, bin ich auch bereit zu tun."
Gibt es für
Sie einen Lieblingsplatz im Karneval?
"Ich habe die meisten und schönsten Erinnerungen an die Kinder, die
am Rathaus den Rosenmontagszug sehen. Da schaue ich heute noch den
Rosenmontagszug. Und ich schaue dann die Freude der Kinder."
Welche
Veranstaltung würden Sie einem karnevalistischen Anfänger empfehlen?
"Die Prinzenproklamation des Märchenprinzen im Eurogress."
Mit welcher
Persönlichkeit würden Sie sich gerne über Karneval unterhalten?
"Mit den Persönlichkeiten, die mir am Herzen liegen, die auch den
Karneval produzieren, und die für mich maßgeblich sind, brauche ich
nicht über Karneval zu sprechen. Das habe ich schon getan. Gerne
hätte ich mich mit Franz Baumann und Erich Stephany noch mal über
Karneval unterhalten wollen, doch leider sind sie bereits
verstorben."
Gibt es auch
etwas, was Ihnen am Karneval nicht gefällt?
Mir missfallen die Sitte und der Brauch, vor dem Karneval zu
fliehen. Mit gefallen die Menschen nicht, die sich bewusst gegen den
Karneval stellen.
Wenn Sie im
Karneval das Sagen hätten, was würden Sie ändern?
"Das Wetter kann ich nicht ändern. Es soll nur nicht zu kalt und
auch nicht zu heiß sein."
Was erwarten
Sie von einem Karnevalsportal im Internet?
"Ich gehöre zwar nicht zu den Menschen, die ihr Wissen aus dem
Internet schöpfen. Ein Karnevalsportal soll das Brauchtum erklären.
Es könnten ja auch ein paar gute Witze zu lesen sein, die die Leute zum
Lachen bringen."
Wir trafen Mattschö Stevens bei van den Daele
, im Traditionshaus
"Alt Aachener Kaffeestuben".
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