Interview mit dem 1. Vorsitzenden der Aachener Stadtreiter, Horst Peters
Mit der Schließung der Aachener Polizeireiterstaffel zum Jahresende 2002 entstand im Aachener Reiterleben eine Lücke, die bei zahlreichen Veranstaltungen deutlich sichtbar wurde. Nicht nur im Karneval und bei Fußballeinsätzen fehlten die berittenen Polizisten, auch beim jährlich stattfindenden CHIO und anderen öffentlichen Events wurden die Polizisten mit ihren Vierbeinern schmerzlich vermisst.

 

Das folgende Interview mit Horst Peters führte Helmut Koch für "karnevalinaachen.de" im Aachener Rathaus.

Wie und Wann sind die Stadtreiter entstanden?
„Wie bereits erwähnt entstand durch den Wegfall der Aachener Polizeireiterstaffel eine Lücke. Was lag da näher, als auf privater Basis eine Reitergruppe zu bilden, die diese entstandene Lücke schließen konnte, zumal alle ehemaligen Dienstpferde in den Privatbesitz der Beamten gewechselt waren. Nach einigen grundsätzlichen Überlegungen zur Gründung der Gruppe, fanden sich letztendlich einige ehemalige Polizeireiter nebst befreundeten Zivilisten zusammen, sodass im Frühjahr 2004 der neue Reiterverein „Aachener Stadtreiter e.V.“ gegründet wurde.“

Viele Menschen sorgen sich. Worauf muss man besonders achten, wenn man mit Pferden, nicht nur im Karneval, durch die Stadt reitet?
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Für uns gilt: SAFETY FIRST!! Kein Verkehrsteilnehmer, Fußgänger, Autofahrer und öffentlicher Verkehr) darf beeinträchtigt oder durch uns gefährdet werden. Ebenso steht im Vordergrund, dass die Pferde und Reiter keinerlei Gefahren ausgesetzt sind. Um dies zu gewährleisten, werden im Gruppenverbund beim Ritt durch die Stadt die erfahrensten und ruhigsten Tiere zur verkehrsnahen Seite aufgestellt. Zusätzlich wird neben jedes Pferd ein Fußer als Begleiter eingeplant.“

Man hörte bei vergangenen Diskussionen von Training. Wie steht es mit dem Tierwohl?
"Damit die Pferde überhaupt so einer großen nervlichen Belastung standhalten und nicht vor unbekannten Dingen zurückschrecken, sind diese Übungen Bestandteil unserer Ausbildung. Im Rahmen der Ausbildung wird das Pferd je nach Veranlagung und Leistungsstand individuell an die Arbeit herangeführt. Hierzu gehört u.a. das Reiten im Straßenverkehr sowie die Gewöhnung an akustische und optische Reize. Es gilt das Vertrauen des Pferdes auf spielerischer Art und Weise zu gewinnen als auch das Selbstvertrauen genauso wie den Charakter des Tieres zu stärken. Das Pferd sollte stets als „Gewinner“ aus dem Spiel hervorgehen.“

Wie trainiert Ihr, was macht Ihr besonderes, damit eure Pferde und auch die Reiter mit außergewöhnlichen Situationen klar kommen?

„Üben; üben, üben…..! Durch möglichst viele praxisnahe Situationen während des Trainings "schweißen" wir Pferd und Reiter zu einem vertrauensvollen Team zusammen. Reiter und Pferd müssen so oft wie nur eben möglich, in nicht alltäglichen Situationen Ihre Zusammengehörigkeit erproben und sich gemeinsam den Mut und die erforderliche Gelassenheit erarbeiten. Insbesondere beim Training ist der Reiter in größtem Maße gefordert.  Er muss dem Pferd sicher gegenüberstehen und Ihm unzweifelhaft vermitteln, der verlässlichste Partner zu sein.  Eine Vielzahl von erforderlichen Hindernissen werden bei unserem Training zuerst nicht reitend, das Pferd an der Hand geführt, erprobt und kennengelernt. Von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung wurden hierfür Parcours, bzw. Plichtaufgaben zur Gelassenheitsprüfungen entwickelt. In unserem Verein trainieren wir diese Aufgaben bereits seit vielen Jahren. Mittlerweile werden unsere Reiter und Pferde unabhängigen Prüfern in immer wiederkehrenden Prüfungen getestet. Alle unsere Aktiven haben diese Gelassenheitsprüfung erfolgreich absolviert.“

Trainiert Ihr auch mit anderen Vereinen?
„Ja, wir haben immer wieder einmal Anfragen, wo sich andere Vereine für unser Training interessieren und Synergien durch unseren Verein suchen. Der ein oder andere Verein besucht uns dann schon einmal zu einem Gasttraining in der Albert Vahle Halle. Erst kürzlich hat wieder so ein gemeinsames Training in der Albert Vahle Halle stattgefunden. Jeder Reiter, ob er nun sehr erfahren ist, oder auch Anfänger weiß es besonders zu schätzen, wenn erfahrene, gut ausgebildete Pferde in der Nähe sind. Die ruhige Ausstrahlung, das gelassene Verhalten eines Pferdes als Vorbild, hilft unerfahrenen Reitern, wie auch jungen und neueren Pferden bei simulierten Stresssituationen.“

Sind die Pferde und / oder der Reiter versichert? Was muss so ein  Reiter und auch der Fußer können?
„Natürlich sind bei uns alle Pferde und Reiter haftpflichtversichert. Durch jahrelanges konsequentes Training sind Reiter und Fußer in der Lage, unbekannte Situationen vorausschauend zu erkennen, einzugreifen und zu vermeiden.“

Wieviele Pferde und Reiter haben die Aachener Stadtreiter?
„Wir sind aktuell 34 aktive Reiter mit Ihren Pferden, Begleiter bzw. Fußer haben wir zurzeit 28 Personen.“

Man hört immer wieder, dass in vielen Vereinen der Nachwuchs fehlt, wie geht Ihr bei den Stadtreitern damit um, wie kommen neue Mitglieder zu euch?
„Natürlich sind wir immer auf der Suche nach neuen Mitgliedern. Die Pferde, wie auch wir, werden natürlich älter. Es ist toll zu beobachten, wie die älteren Pferde, den neuen jungen Pferden die nötige Sicherheit geben.
Wer Lust und Zeit hat, in einer tollen Gemeinschaft viele außergewöhnliche Situationen mit seinem Pferd zu erleben, ist bei uns jederzeit willkommen. Nach häufigem und regelmäßigem Training werden neue Pferde und Reiter langsam und ausgewählt für Auftritte vorbereitet.“

Welchen Stellenwert haben Pferde in der Brauchtumspflege? Ist es noch zeitgemäß Pferde bei Brauchtumsumzügen zum Einsatz zu bringen?
„In der Brauchtumspflege geht es meistens darum, die in menschlichen Gemeinschaften entstandenen Traditionen aufrechtzuerhalten. Mit, und aus der Brauchtumspflege entstehen viele soziale Kontakte und Gemeinsamkeiten zwischen Menschen. Das finden wir gut. Mit unserem Sport, den wir mit unseren Pferden ausüben, knüpfen wir an seit Jahrhunderten bestehende Gemeinsamkeiten zwischen Menschen und Pferden an. Pferde haben schon lange vor der Industrialisierung Menschen bei vielen Tätigkeiten unterstützt und gemeinsam mit Ihnen gearbeitet. Unser Leben wurde durch die Zuarbeit der Pferde erleichtert. Bei uns ist das Zuarbeiten und die Zusammenarbeit nicht mit körperlicher Anstrengung verbunden. Der Umgang und das Training mit unseren Tieren basiert auf Freude an der Arbeit, nicht auf Druck.“

Gibt es Vorschriften von offizieller Seite zur Teilnahme mit Pferden an Karnevalsumzügen?
„Ja, das Land NRW bzw. das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes NRW hat unter Beteiligung aller Karnevalsverbände und Behörden die finale Fassung der Leitlinien zum Umgang mit Pferden beim Einsatz in Karnevalsumzügen erarbeitet. Diese Leitlinien wurden im Jahr 2020 erprobt und werden zukünftig im Karneval Anwendung finden. In erster Linie soll sichergestellt werden, dass alle Tierschutzanforderungen für Pferde, die bei Karnevalsumzügen eingesetzt werden, erfüllt werden. Ferner sollen hiermit Handlungsempfehlungen ausgesprochen und umgesetzt werden, die der Entstehung von Unfällen vorbeugen und eine einheitliche Vorgehensweise bei den zuständigen Behörden in NRW sicherstellt.“

Werdet Ihr von offizieller Seite bei den Karnevalsumzügen unterstützt?
„Die Unterstützung von offizieller Seite ist tatsächlich tadellos und äußerst beachtenswert. Dank unserer konstanten sowie konsequenten Ausbildung von Pferd und Reiter in den letzten beiden Jahrzehnten haben wir uns eine große Akzeptanz erarbeiten können. Der Vorstand des AAK berät und bespricht konstruktiv mit uns alle Fragen zur Thematik „Pferd und Reiter“ in Karnevalsumzügen.
Ebenfalls besonders aktiv ist das Amt für Verbraucherschutz, Tierschutz und Veterinärwesen der Städteregion. In Zusammenarbeit mit dem AAK fand im Laufe dieses Jahres eine Arbeitssitzung zum Informationsaustausch statt. Hierzu waren die berittenen Korps der Städteregion eingeladen. Es wurden alle Anforderungen, die das Veterinäramt an die Pferde und Reiter stellt, erläutert und erklärt. In dieser Sitzung wurde konstruktiv über alle Fragen, bzw. mögliche Bedenken, die sich aus dem Erfahrungsschatz der reitenden Zunft ergaben, beantwortet und diskutiert.
Auch seitens der Aachener Stadtverwaltung erfahren wir sehr großen Zuspruch und konstante Unterstützung. Für uns ist es immer eine besondere Ehre, beim Karlspreis, zum Karlsfest zu den Weihnachtsmärkten sowie beim CHIO, Aachen mit unseren Pferden repräsentieren zu dürfen.“

„Habt Ihr schon einmal Erfahrungen mit Kritikern für euren Sport machen müssen/können, wenn ja, welche?“
 
„Selbstverständlich gibt es natürlich auch Menschen, die unsere Arbeit mit unseren Pferden kritisch oder mit Bedenken sehen. Das ist ganz normal, andere Sichtweisen sind nicht verboten. Aus, und mit konstruktiv vorgebrachter Kritik kann man in vielen Bereichen immer auch etwas lernen. Die besten Erfahrungen haben wir mit offener Kommunikation erreichen können. Wir hören uns alle ernst gemeinten und sachlich vorgetragenen Bedenken und Meinungen an.
Interessierten Kritikern erklären wir, wie wir mit unseren Tieren arbeiten und trainieren. Unser Anspruchsdenken, wie wir mit unseren Tieren arbeiten und umgehen, uns in kleineren Arbeitsschritten Ziele zwanglos als Team Tier/Mensch erarbeiten, ist sehr hoch. Wer sich für unsere Trainingsmethoden interessiert ist herzlich willkommen.“

"karnevalinaachen.de" dankt für das Interview und wünscht viel Erfolg bei den weitere Bemühungen.