Das folgende Interview mit Horst Peters führte Helmut
Koch für "karnevalinaachen.de"
im Aachener Rathaus.
Wie und Wann
sind die Stadtreiter entstanden?
„Wie bereits erwähnt entstand durch den Wegfall der Aachener
Polizeireiterstaffel eine Lücke. Was lag da näher, als auf privater
Basis eine Reitergruppe zu bilden, die diese entstandene Lücke
schließen konnte, zumal alle ehemaligen Dienstpferde in den
Privatbesitz der Beamten gewechselt waren. Nach einigen
grundsätzlichen Überlegungen zur Gründung der Gruppe, fanden sich
letztendlich einige ehemalige Polizeireiter nebst befreundeten
Zivilisten zusammen, sodass im Frühjahr 2004 der neue Reiterverein
„Aachener Stadtreiter e.V.“ gegründet wurde.“
Viele Menschen
sorgen sich. Worauf muss man besonders achten, wenn man mit Pferden,
nicht nur im Karneval, durch die Stadt reitet?
"Für
uns gilt: SAFETY FIRST!! Kein Verkehrsteilnehmer, Fußgänger,
Autofahrer und öffentlicher Verkehr) darf beeinträchtigt oder durch
uns gefährdet werden. Ebenso steht im Vordergrund, dass die Pferde
und Reiter keinerlei Gefahren ausgesetzt sind. Um dies zu
gewährleisten, werden im Gruppenverbund beim Ritt durch die Stadt
die erfahrensten und ruhigsten Tiere zur verkehrsnahen Seite
aufgestellt. Zusätzlich wird neben jedes Pferd ein Fußer als
Begleiter eingeplant.“
Man hörte bei vergangenen
Diskussionen von Training.
Wie steht es mit dem Tierwohl?
"Damit die Pferde überhaupt so einer großen nervlichen Belastung
standhalten und nicht vor unbekannten Dingen zurückschrecken, sind
diese Übungen Bestandteil unserer Ausbildung. Im Rahmen der
Ausbildung wird das Pferd je nach Veranlagung und Leistungsstand
individuell an die Arbeit herangeführt. Hierzu gehört u.a. das
Reiten im Straßenverkehr sowie die Gewöhnung an akustische und
optische Reize. Es gilt das Vertrauen des Pferdes auf spielerischer
Art und Weise zu gewinnen als auch das Selbstvertrauen genauso wie
den Charakter des Tieres zu stärken. Das Pferd sollte stets als
„Gewinner“ aus dem Spiel hervorgehen.“
Wie trainiert
Ihr, was macht Ihr besonderes, damit eure Pferde und auch die Reiter
mit außergewöhnlichen Situationen klar kommen?
„Üben; üben, üben…..! Durch möglichst viele praxisnahe Situationen
während des Trainings "schweißen" wir Pferd und Reiter zu einem
vertrauensvollen Team zusammen. Reiter und Pferd müssen so oft wie
nur eben möglich, in nicht alltäglichen Situationen Ihre
Zusammengehörigkeit erproben und sich gemeinsam den Mut und die
erforderliche Gelassenheit erarbeiten. Insbesondere beim Training
ist der Reiter in größtem Maße gefordert. Er muss dem Pferd sicher
gegenüberstehen und Ihm unzweifelhaft vermitteln, der verlässlichste
Partner zu sein. Eine Vielzahl von erforderlichen Hindernissen
werden bei unserem Training zuerst nicht reitend, das Pferd
an der Hand geführt, erprobt und kennengelernt. Von der Deutschen
Reiterlichen Vereinigung wurden hierfür Parcours, bzw.
Plichtaufgaben zur Gelassenheitsprüfungen entwickelt. In unserem
Verein trainieren wir diese Aufgaben bereits seit vielen Jahren.
Mittlerweile werden unsere Reiter und Pferde unabhängigen Prüfern in
immer wiederkehrenden Prüfungen getestet. Alle unsere Aktiven haben
diese Gelassenheitsprüfung erfolgreich absolviert.“
Trainiert Ihr
auch mit anderen Vereinen?
„Ja, wir haben immer wieder einmal Anfragen, wo sich andere Vereine
für unser Training interessieren und Synergien durch unseren Verein
suchen. Der ein oder andere Verein besucht uns dann schon einmal zu
einem Gasttraining in der Albert Vahle Halle. Erst kürzlich hat
wieder so ein gemeinsames Training in der Albert Vahle Halle
stattgefunden. Jeder Reiter, ob er nun sehr erfahren ist, oder auch
Anfänger weiß es besonders zu schätzen, wenn erfahrene, gut
ausgebildete Pferde in der Nähe sind. Die ruhige Ausstrahlung, das
gelassene Verhalten eines Pferdes als Vorbild, hilft unerfahrenen
Reitern, wie auch jungen und neueren Pferden bei simulierten
Stresssituationen.“
Sind die
Pferde und / oder der Reiter versichert? Was muss so ein
Reiter und auch der Fußer können?
„Natürlich sind bei uns alle Pferde und Reiter
haftpflichtversichert. Durch jahrelanges konsequentes Training sind
Reiter und Fußer in der Lage, unbekannte Situationen vorausschauend
zu erkennen, einzugreifen und zu vermeiden.“
Wieviele
Pferde und Reiter haben die Aachener Stadtreiter?
„Wir sind aktuell 34 aktive Reiter mit Ihren Pferden, Begleiter bzw.
Fußer haben wir zurzeit 28 Personen.“
Man hört immer
wieder, dass in vielen Vereinen der Nachwuchs fehlt, wie geht Ihr
bei den Stadtreitern damit um, wie kommen neue Mitglieder zu euch?
„Natürlich sind wir immer auf der Suche nach neuen Mitgliedern. Die
Pferde, wie auch wir, werden natürlich älter. Es ist toll zu
beobachten, wie die älteren Pferde, den neuen jungen Pferden die
nötige Sicherheit geben.
Wer Lust und Zeit hat, in einer tollen Gemeinschaft viele
außergewöhnliche Situationen mit seinem Pferd zu erleben, ist bei
uns jederzeit willkommen. Nach häufigem und regelmäßigem Training
werden neue Pferde und Reiter langsam und ausgewählt für Auftritte
vorbereitet.“
Welchen
Stellenwert haben Pferde in der Brauchtumspflege? Ist es noch
zeitgemäß Pferde bei Brauchtumsumzügen zum Einsatz zu bringen?
„In
der Brauchtumspflege geht es meistens darum, die in menschlichen
Gemeinschaften entstandenen Traditionen aufrechtzuerhalten. Mit, und
aus der Brauchtumspflege entstehen viele soziale Kontakte und
Gemeinsamkeiten zwischen Menschen. Das finden wir gut. Mit unserem
Sport, den wir mit unseren Pferden ausüben, knüpfen wir an seit
Jahrhunderten bestehende Gemeinsamkeiten zwischen Menschen und
Pferden an. Pferde haben schon lange vor der Industrialisierung
Menschen bei vielen Tätigkeiten unterstützt und gemeinsam mit Ihnen
gearbeitet. Unser Leben wurde durch die Zuarbeit der Pferde
erleichtert. Bei uns ist das Zuarbeiten und die Zusammenarbeit nicht
mit körperlicher Anstrengung verbunden. Der Umgang und das Training
mit unseren Tieren basiert auf Freude an der Arbeit, nicht auf
Druck.“
Gibt es
Vorschriften von offizieller Seite zur Teilnahme mit Pferden an
Karnevalsumzügen?
„Ja, das Land NRW bzw. das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft,
Natur- und Verbraucherschutz des Landes NRW hat unter Beteiligung
aller Karnevalsverbände und Behörden die finale Fassung der
Leitlinien zum Umgang mit Pferden beim Einsatz in Karnevalsumzügen
erarbeitet. Diese Leitlinien wurden im Jahr 2020 erprobt und werden
zukünftig im Karneval Anwendung finden. In erster Linie soll
sichergestellt werden, dass alle Tierschutzanforderungen für Pferde,
die bei Karnevalsumzügen eingesetzt werden, erfüllt werden. Ferner
sollen hiermit Handlungsempfehlungen ausgesprochen und umgesetzt
werden, die der Entstehung von Unfällen vorbeugen und eine
einheitliche Vorgehensweise bei den zuständigen Behörden in NRW
sicherstellt.“
Werdet Ihr von
offizieller Seite bei den Karnevalsumzügen unterstützt?
„Die Unterstützung von offizieller Seite ist tatsächlich tadellos
und äußerst beachtenswert. Dank unserer konstanten sowie
konsequenten Ausbildung von Pferd und Reiter in den letzten beiden
Jahrzehnten haben wir uns eine große Akzeptanz erarbeiten können.
Der Vorstand des AAK berät und bespricht konstruktiv mit uns alle
Fragen zur Thematik „Pferd und Reiter“ in Karnevalsumzügen.
Ebenfalls besonders aktiv ist das Amt für Verbraucherschutz,
Tierschutz und Veterinärwesen der Städteregion. In Zusammenarbeit
mit dem AAK fand im Laufe dieses Jahres eine Arbeitssitzung zum
Informationsaustausch statt. Hierzu waren die berittenen Korps der
Städteregion eingeladen. Es wurden alle Anforderungen, die das
Veterinäramt an die Pferde und Reiter stellt, erläutert und erklärt.
In dieser Sitzung wurde konstruktiv über alle Fragen, bzw. mögliche
Bedenken, die sich aus dem Erfahrungsschatz der reitenden Zunft
ergaben, beantwortet und diskutiert.
Auch seitens der Aachener Stadtverwaltung erfahren wir sehr großen
Zuspruch und konstante Unterstützung. Für uns ist es immer eine
besondere Ehre, beim Karlspreis, zum Karlsfest zu den
Weihnachtsmärkten sowie beim CHIO, Aachen mit unseren Pferden
repräsentieren zu dürfen.“
„Habt Ihr
schon einmal Erfahrungen mit Kritikern für euren Sport machen
müssen/können, wenn ja, welche?“
„Selbstverständlich
gibt es natürlich auch Menschen, die unsere Arbeit mit unseren
Pferden kritisch oder mit Bedenken sehen. Das ist ganz normal,
andere Sichtweisen sind nicht verboten. Aus, und mit konstruktiv
vorgebrachter Kritik kann man in vielen Bereichen immer auch etwas
lernen. Die besten Erfahrungen haben wir mit offener Kommunikation
erreichen können. Wir hören uns alle ernst gemeinten und sachlich
vorgetragenen Bedenken und Meinungen an.
Interessierten Kritikern erklären wir, wie wir mit unseren Tieren
arbeiten und trainieren. Unser Anspruchsdenken, wie wir mit unseren
Tieren arbeiten und umgehen, uns in kleineren Arbeitsschritten Ziele
zwanglos als Team Tier/Mensch erarbeiten, ist sehr hoch. Wer sich
für unsere Trainingsmethoden interessiert ist herzlich willkommen.“
"karnevalinaachen.de"
dankt für das Interview und wünscht viel Erfolg bei den weitere
Bemühungen. |